Georg Kulka
Sichtbarkeit. Aufzeichnende Prosa
Prosagedichtezyklus (erstmals erschienen 1923)
18 Seiten, Broschur – 8 €
hochroth Verlag
Berlin 2011
GEORG KULKA wurde am 5. Juni 1897 in Weidling/Niederösterreich geboren. Seine Eltern stammten aus Ungarn und gehörten der israelitischen Kultusgemeinde an. Er studierte Philosophie an der Universität in Wien. Nach seiner Promotion nahm er 1922 ein Angebot des Kiepenheuer Verlags in Potsdam an. 1923 heiratete Kulka die Schauspielerin Anna Höllering. Nach dem Tod des Vaters übernahm er dessen Geschäft als Getreidekaufmann in Wien. Seine Frau verließ ihn im Einverständnis 1927. Am 29. April 1929 nahm sich Kulka, der hoch verschuldet war, das Leben. Seine Grabstelle befindet sich auf dem Neuen Friedhof in Potsdam.
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Textproben:
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UMHALSEN
Um die sich ründende Ecke weht gehäufte Asche mit Verjährung um die Wette. Doch ein Abend steht – ein Blumenboden – dunkel unter dem Wasser der Zeit: und du kannst kaum hinunter sehn, vor Sehnsucht. Die schönste Frau schlug mit schwarzen Fackeln in mich ein.
Ich streute lebendige Funken in ihr Haar.
Die mein Herz kannte ist fort gegangen.
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BEFIEDERN
»Rede, damit ich sehe!« Die, das heilige oh auf den Lippen, aus dem erdigen Herzen ein stilles rein erschaffe: Dein großes, tief untergestirntes Auge ist ein Echo, Gott weiß aus welchem Konzert! Auf Blumen blitzt dein Fuß, mitten unter dem Taumel der melodischen Erde. Schweige, damit ich dich sehe.