Martina Weber (Hg.): Und man hört sie doch. Anthologie
20 Jahre Literaturwerkstatt in Darmstadt

hochroth Heidelberg 2025.
ISBN: 978-3-949850-59-2
Illustration: Lea Matusiak unter Verwendung eines Textes von Sandra Ade
Layout: Fagott, Ffm
Seiten: 50, 19 x13 cm, Broschure
Alle Rechte liegen bei den Urheber:innen

Im Februar 2005 gründete die Frankfurter Lyrikerin Martina Weber in Darmstadt ein Seminar für Autorinnen und Autoren, das inzwischen seit 20 Jahren besteht. In all den Jahren haben mehr als 100 Autorinnen und Autoren an rund 250 Seminarterminen teilgenommen. Ursprünglich war die Gruppe für ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Darmstädter Textwerkstatt gedacht, doch der Kreis erweiterte sich stetig. Bis 2023 traf sich das Seminar als Textwerkstatt II im Literaturhaus Darmstadt. Dann fand die Gruppe einen neuen Raum, löste sich aus den vorhandenen Strukturen und gab sich einen neuen Namen: Literaturwerkstatt in Darmstadt.

Es werden alle literarischen Gattungen und Genres besprochen, vor allem Gedichte, Kurzprosa und Romane.  Für die Anthologie Und man hört sie doch. 20 Jahre Literaturwerkstatt in Darmstadt hat Martina Weber eine Auswahl ihrer Lieblingstexte zusammengestellt. Die Texte stammen von Sandra Ade, Anna Maria Anders, Elke Barker, Karin Brand, Sven Buchsteiner, Ute Dietl, Özlem Özgül Dündar, David Emling, Stefan Förster, Eric Giebel, Maria Knissel, Iris Antonia Kogler, Katharina Kramer, Ulrike Sabine Maier, Julia Mantel, Lea Matusiak, Jonas Mieth, Brigitte Morgenroth, Elnas Nazem, Andreas Pargger, Angela Regius, Alexander Roth, Ralf Schwob, Armin Steigenberger, Kameliya Taneva, Ralf Wolf und Barbara Zeizinger.

Martina Weber

Textproben:

„Die kleinen Fliegen sind überall. Sie sitzen auf der Gardine, auf dem Lampenschirm, auf der Zeitung. Sie krabbeln neben den Worten über das Papier. Sie lassen sich, auf der Suche nach Licht, auf meinem Bildschirm nieder. Man hört ihre kleinen Füße nicht. Und man hört sie doch. Ich kann sie hören, aber es ist nicht das Geschwirr ihrer Flügel, das ich höre. Es ist mehr spirituell, so, wie man das Gras wachsen hört. Oder die Bäume im Wald.“

Armin Steigenberger

Fips reißt ein Blatt von seinem Block und legt es Inge hin. Es ist ein Porträt von ihr, in ihrem Blick die Zerbrechlichkeit eingefangen und ihre Zerrissenheit, doch zwischen den Augen sitzt, mit klugen Strichen platziert, in tiefen Zornesfalten das Tier in ihr. Kein Spiegel könnte mich besser darstellen, denkt Inge schockiert und schaut Fips an.

„So wie du malst …“, sagt sie leise. „Fips, du weißt, dass das gefährlich ist. Da ist ein Zuviel. Du siehst zu viel!“

Ulrike Sabine Maier

fahrt ans meer

fahre mit den händen über die kruste
die nach salz schmeckt
fahre fort, fahre durchs haar
fahre diese formen entlang
finde eine schuppe, entdecke
ein schimmern in den ecken eines
schalentiers
grauäugig lichtet sich seine kappe
diese fahrige
marmorierung unter der haube
das bist du

Lea Matusiak

Martina Weber lebt in Frankfurt am Main. Gedichtbände: Häuser, komplett aus Licht (2019) und erinnerungen an einen rohstoff (2013), beide im Poetenladen Verlag.Handbuch: Zwischen Handwerk und Inspiration. Lyrik schreiben und veröffentlichen 3. Auflage 2011. Lyrikübersetzungen, Blogtexte, Kolumne Lyrikweberei. Ein Lyrikworkshop in der Autorenzeitschrift Federwelt. U. a. Martha Saalfeld Förderpreis, Frankfurter Autorenstipendium, Shortlist Michael Althen Preis.
www.literaturport.de/Martina.Weber/