Ob »man das ding begriffen« haben wird, schlussendlich, ist fraglich. Der offene Ausgang aus dem Eigenen, volles Risiko aus eigener Entscheidung, das ist vielleicht, was fehlt in einer Welt voll facebook, Google, NSA. Der offene Ausgang, das offene Kunstwerk: vielleicht flucht Stefan Schmitzer schon allein über diesen Begriff (»Kunstwerk«), aber einen Begriff Schmitzer’schen Fluchens will man sich einmal gemacht haben, Mashup populär- über alltags- bis proletenkultureller Phänomene, Dinge, Geschichten, Liedchen; Klassenkampf; dazwischen steht Pasolini rum, gast die Künstlerkacke aus, »der kasperl, eine drecksau«, Schmitzers Sprache ist pickelhart, art brute, aber definitiv »art«, artifizielle, völlige Rohheit, fein geschnitten (wie Carpaccio?); mit unbedingter Dringlichkeit erzählt er in den haltlosen Gedichten, die das Lachen im Hals vertrocknen lassen:
ICH möchte teil der kreativen klasse sein,
und nicht mehr wissen, welche welt das ist, die ich bewohne;
ich hätte gerne einen haufen sexy sachen,
ein waffenrad und eine erstausgabe h. g. wells,
ein handgeschnitztes go-brett ca. 1940,
ein blatt papier, auf welches andy warhol einmal furzte,
darauf die ü-ei-plastikspielzeugkollektion von ’89/’90,
die sorte sachen, aber mehr davon, viel mehr.
ich hätte so gerne so ein team von – kennt ihr sie? – von
……………………………………………..kreativen um mich,
in einer agentur im umgebauten handwerkshinterhaus,
mit geilen gelben lichtern abends,
paletten, oleanderstöcken, w-lan.
da hätte ich zu tun.
dass von dem wissen, welche welt das ist, die ich bewohne,
nichts bleibt als diese sexyness der sachen,
das möchte ich.
das wäre dann alles so schön zu erfühlen,
das wäre dann alles so schön zu erfühlen,
erfühlen.
ich möchte teil der kreativen klasse sein,
ich hätte dann geld und keine angst mehr,
ich hätte nicht morgens die angst vor dem leerlauf,
ich hätte nicht mittags die angst vor der impotenz,
nicht abends die angst vor dem tod.
ich möchte teil der kreativen klasse sein,
dann wäre alles hier an seinem platz,
beinahe spräch ich magisch mit den tageszeiten,
und nichts mehr wäre für die katz.
das geld insbesondere.
es wäre dann alles so schön zu erfühlen,
erfühlen.
45 Seiten, Broschur, Hülle, ca. 19×13 cm
ISBN 978-3-902871-69-5
hochroth Wien 2015